Christliche Eltern und die Wittichenauer Jugend sammeln erneut Spenden für Opfer häuslicher Gewalt

Bitte um Spenden

Die Initiativgruppe "Christliche Eltern" bittet Sie mit einer Kuchen- oder Geldspende, die Not der Opfer häuslicher Gewalt in St. Petersburg zu lindern. Kuchenspenden können am Samstagmorgen, 8. Dezember 2018 ab 8:00 Uhr im Rathaus abgegeben werden. Geldspenden können Sie auf das Konto des Malteser-Hilfsdienstes in Würzburg überweisen.

Empfänger:
Malteser Hilfsdienst e.V.,
Diözese Würzburg

IBAN: DE27 3706 0120 1201 2220 16

BIC: GENODED1PA7

Bank: Pax Bank eG

Verwendungszweck: Spende St. Petersburg - Notunterbringung wohnungslos gewordener Mütter mit Kindern

Für Spendenquittungen bitte den Beleg unter Angabe Ihrer Adresse an folgende Adresse senden:

Malteser Hilfsdienst e.V. Würzburg
Mainaustraße 45
97082 Würzburg

Bitte die vollständige Adresse auch auf dem Überweisungsträger eintragen.

Liebe Freunde in Deutschland,

2017 haben wir begonnen, systematisch wohnungslos gewordene Mütter mit Kindern von der Straße aufzunehmen. Eine eigene Unterkunft haben wir nicht. Doch mittlerweile verfügen zwei Hilfsorganisationen in der 5,5 Mio.-Einwohner-Metropole St. Petersburg über "Krisenzentren". Diese bieten einigen Familien mit Kleinkindern provisorischen Wohnraum.

Unsere Aufgabe sehen wir als "Blitzhilfe". Wir verschaffen Familien schnell ein Dach über dem Kopf und betreuen sie in der Notunterkunft umfassend. Im Laufe des Jahres 2017 kümmerten wir uns um 20 Familien mit insgesamt 34 Kindern, 2018 um 24 Mütter mit insgesamt 35 Kindern im Alter vom 0 bis 12 Jahren. Ich bezeichne es als “Freitagssyndrom“, denn die meisten Notrufe kommen freitags oder am Wochenende. Was ist das für ein scheußlicher Trend, dass Männer ihre Partnerinnen nach Feierabend brutal behandeln, um sich dann am Wochenende von sämtlichen Pflichten zu entbinden! Und noch eine Feststellung: Die Mehrheit dieser Frauen sind stadtfremd in St. Petersburg, also einst als Arbeitsmigrantinnen wegen besserer Arbeits- und Lebenschancen gekommen. Damit haben sie hier in St. Petersburg überhaupt keinen Rückhalt durch Eltern oder Verwandte. Der heiße Sommer bot mir oft Gelegenheit, viele intakte Großfamilien zu beobachten – am Strand, in den Parks, beim Einkaufen. Das Herz freute sich über diesen sichtbar positiven Trend, den auch die offizielle Statistik bestätigt: 85 Prozent aller Befragten räumen den höchsten Stellenwert der Familie ein; 42 Prozent nennen zwei Kinder als Voraussetzung einer glücklichen Ehe, 43 Prozent sprechen sich sogar für 3 Kinder aus. Die Zahl der Befürworter einer kinderreichen Familie hat sich in den letzten vier Jahren fast verdoppelt (2014: 28 Prozent; 2017: 43 Prozent). Leider haben diese Tendenzen überhaupt keine Relevanz für unsere Schutzbefohlenen. Denken Sie bitte nicht, dass es sich dabei um junge Mädchen handelt, die das Risiko nicht abwägen können. Das Durchschnittsalter der Frauen lag 2018 bei über 30 Jahren, die meisten von ihnen hatten Arbeit, ein paar sogar eine akademische Ausbildung in Buchhaltung, Bank- und Wirtschaftswesen, einige waren bereits kinderreiche Mütter. Das verdeutlicht, wie aussichtslos die Wirtschaftslage in der abgeschiedenen russischen Provinz sein muss, weswegen es die Frauen aus ihren Heimatorten ins Ungewisse der Großstadt treibt. Die meisten von ihnen mussten in äußerster Verzweiflung vor ihren gewalttätigen Partnern auf die Straße fliehen. Ich möchte hier ein paar Beispiele aufzählen:

  • An einem Samstag, Ende Mai, erhielt ich einen Anruf, bei dem ich den Schrei einer Frau hörte und eine Männerstimme, die drohte, sie umzubringen. Ich befahl der Frau, sofort zu fliehen und fuhr zu ihr. M., eine vierfache Mutter, mit dem 5. Kind schwanger, wartete auf der Straße auf mich. Die gebildete Buchhalterin war ihrem neuen Lebenspartner vom Ural nach St. Petersburg gefolgt. Er hatte ihr eine glänzende Zukunft versprochen. Als die ersten Schwierigkeiten bei Wohnungs- und Arbeitssuche auftraten, versagte der Mann und griff zum Alkohol, wurde gewalttätig. Fast drei Wochen verbrachte die Familie in einem von uns gemieteten Hostelzimmer. Solange betreuten wir M. psychologisch und juristisch und versorgten sie mit allem Nötigen. Da eine Rückkehr zum Ural nicht mehr möglich ist, (M. hat ihre Wohnung verkauft – so sehr hat sie ihrem neuen Partner vertraut), erzielten wir eine Versöhnung zwischen den beiden Erwachsenen und begleiten nun M. weiter in ihrem neuen Domizil – einem Dienstzimmer von 20 m2 in einer Kommunalka. Das Zimmer hat die neue Arbeitsstelle des Mannes der Familie zur Verfügung gestellt.
  • An einem späten Donnerstagsabend im August rief S. an. Sie erzählte weinend, dass sie mit zwei Kindern im orthodoxen Frauenkloster hinter der Klostermauer ausgesetzt wurde und sie könne nirgendwo hingehen. Die hübsche, schlanke Blondine mit zwei entzückenden Jungs im Alter von 2 und 3 Jahren hatte ihre Wohnung verlassen, nachdem ihr Mann sie verprügelt hatte. Sie war in Moldawien geboren worden, hatte die Wohnung der Eltern verkauft, um mit dem Erlös den Grundbetrag für ihr neues Familiennest (ein winzig kleines Appartement) in St. Petersburg zu bezahlen. Nun wohnte dort ihr gewalttätiger Mann und ihre heile Welt brach zusammen. Sie wusste nicht mehr ein noch aus. Eine Woche haben wir sie betreut, sie versuchte per Telefon mit ihrem Mann wieder ins Gespräch zu kommen und brachte den älteren Sohn zum Kindergarten. Aber als das Paar sich Ende der Woche wiedertraf, kam es zu heftigem Streit und der Mann schlug sie erneut. Rein zufällig rief ich S. an und hörte, dass sie beide Kinder dem Mann überlassen und ihrem Leben ein Ende setzen wolle. Gleich an diesem Abend fuhren wir sie zu ihrer Wohnung, um mit dem Mann zu sprechen. Wir saßen lange zusammen und redeten. Am nächsten Tag kehrte sie nach Hause zurück und die Woche darauf zog ihr Mann aus der Wohnung aus und ging zu einer anderen Frau.
  • Diese Woche stand eines Morgens J. mit ihrem kleinen Sohn (2 Jahre) bei mir in der Wohnung. Aus dem Uralgebiet kam sie mit ihrem Lebenspartner nach St. Petersburg, um (auf den Rat sibirischer Ärzte) den Geburtsfehler des Kindes (Wirbelsäule) operativ behandeln zu lassen. Die Familie mietete eine Wohnung, der Lebenspartner fand einen sicheren Job. Dann aber wurde er in seiner Drogensucht rückfällig und gewalttätig. Mehrmals holte sie die Polizei, aber in ihrer Lage – ohne Anmeldung in St. Petersburg, ohne Job und mit einem kleinen behinderten Kind auf dem Arm – riet ihr die Polizei zur Versöhnung. Als die Prügel unerträglich wurden, suchte sie entfernte Verwandte in einem nahe liegenden Dorf auf. Aber lange konnte sie dort auch nicht bleiben: Hier lebt ein älterer Onkel, der seine geistig behinderte Tochter (42) ständig einschüchtert, schlägt und sogar mit dem Gewehr bedroht. Die total überforderte Tante meinte bald, J. solle lieber gehen. Wohin? - Zurück in die Holzhütte ihres alten Vaters in das Dorf im Ural, wo ihr Kind keine Chancen auf Heilung hat? - Im Moment wohnt J. auf unsere Kosten und wir bemühen uns um ihr weiteres Schicksal.

Jeder Besuch in Deutschland bereitet mir persönlich jedes Mal eine Riesenfreude, wieder mal in eine heile Welt mit geregeltem Lebensablauf, Sicherheit und meistens fröhlichen Menschen rundherum eintauchen zu dürfen. Das Gegenteil davon haben wir in unserem Petersburger Alltag: Willkür der Gesetze, marode Kommunalwirtschaft, dreckige Umwelt und sorgenvolle Gesichter meiner Landsleute, dazu das schlechte Klima. Und dennoch ist St. Petersburg ein Paradies gegenüber den kleinen Ortschaften in unserem grenzenlosen Land, wo sich nicht mal Mütter von Kleinkindern wohl und sicher fühlen können. Ich empfinde einen großen Respekt für Frauen, die den Mut haben, aus ihrer lokalen Misere ihren Kindern zuliebe auszubrechen:

  • T. mit einem 13-jährigen Sohn aus einem kleinen Dorf in der nördlichen Weißsee-Region, die sich ihrer großen und dem Alkohol verfallenen Familie widersetzte, indem sie aus dieser Misere nach St. Petersburg ausbrach;
  • A., Witwe und sehr tüchtige Mutter zweier Töchter (14 und 17), die aus der wirtschaftlich depressiven Region des Archangelsk-Gebietes floh, um den Mädchen bessere Lernchancen zu ermöglichen;
  • E. mit zwei Kindern im Alter von 7 und 10 Jahren, die nach der Scheidung von ihrem Mann (er verließ sie wegen einer anderen Frau), zu entfernt Verwandten nach St. Petersburg kam. Die Verwandten wiesen sie mit den Kindern ab.
  • S. mit 2 Kleinkindern im Alter von 2 und 4 Jahren, ursprünglich aus der Pskow-Region, retteten wir vor der Gewalt ihres ehemaligen Partners, als sie sich nach Morddrohungen mit Kopfverletzungen der Polizei anvertraute.
  • S. mit einer kleinen Tochter (3 Jahre), gebürtig in der südrussischen Republik Dagestan, die ihr Glück sogar in Ägypten probierte und von dort, aus sexueller Sklaverei gerettet, zu uns kam.

Ich wage zu sagen, der Reiz von St. Petersburg besteht nicht zuletzt darin, dass es hier ein zuverlässiges Netzwerk von Hilfsorganisationen gibt, an die man sich in der Not hinwenden kann. Wir Malteser sind ein Mosaikstein dieses Hilfswerks. Aber wir alleine hätten ohne Ihre Unterstützung aus Deutschland nichts tun können! Die Begleitung und Betreuung dieser Familien verlangt viel mehr, als nur ihre Unterbringung. Wir unterstützen sie mit Lebensmitteln, Fahrgeld, Medikamenten, mit nötigen Kleidern und Schuhen; in wenigen Ausnahmefällen helfen wir den Familien auch, ein neu gefundenes Zuhause (ein gemietetes Zimmer in einer Kommunalka) für den Anfang bezahlen zu können; kinderreichen Eltern helfen wir, die Kinder für die Schule auszustatten usw.

Wir bedanken uns bei allen, die unseren Einsatz für Familien in Notlagen unterstützen. Ich beende meinen Brief mit einem gutem Gefühl, als hätte ich mit Freunden gesprochen und begebe mich wieder an die Arbeit.

Heute stand N. mit kleiner Tochter (2) auf dem Arm vor meiner Haustür: vor drei Tagen hatte ihr Mann nicht nur sie (das war sie gewöhnt), sondern auch die Kinder angegriffen. Die Kleine musste im Krankenhaus behandelt werden. N. verließ sofort die Wohnung, die ihrem Mann als Alleinbesitzer gehört. Sie stand auf der Straße ohne Geld, ohne Lebensmittel mit ihren drei Töchtern 8, 4 und 2 Jahre alt. (In Rostow-am-Don, wo N. geboren wurde, lebt nur ihr alter Vater, ein Alkoholiker. Dank Euren Spenden, liebe Freunde, habe ich für N. und ihre Töchter eine kleine Mietswohnung in der Nähe des Kindergartens und der Schule für einen Monat bezahlt und sie meinen Kollegen aus dem "Mutter und Kind"-Projekt anvertraut.

Es wird zwar niemals vollkommene Gerechtigkeit geben. Es wird immer solche geben, die sich selbst nicht helfen können. Ihre Hilfe unterstützt diese Notleidenden und wenn sie ihnen nicht das Leben rettet, so erleuchtet sie doch deren Seele mit Hoffnung und erfüllt mit Freude.

Vielen Dank dafür, dass Sie den Frauen diese Hoffnung schenken und diese Freude mit ihnen teilen. Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude!

In herzlicher Verbundenheit
Irina Tymkova, Malteser-Geschäftsführerin

Und hier ist Irinas Bitte für die aktuelle Aktion:

Liebe Freunde,

wir wollen Euch bitten, wieder für denselben Zweck wie im Jahr zuvor, nämlich für die Notunterbringung wohnungslos gewordener Mütter mit Kindern zu sammeln.

Ihr habt uns für dieses Jahr 3.900 € gesammelt. Es war super.

Die Zahl hilfsbedürftiger Familien hat stark zugenommen. Im Jahr 2018 haben wir bereits 31 Mütter mit insgesamt 44 Kindern beherbergt und betreut. Allein die Kosten für die Unterkunft beliefen sich auf ca. 8200 €. Oft mussten wir diese Familien zusätzlich mit Lebensmitteln, Kleidern/Schuhen, Fahrausweisen für den Nahverkehr, Medikamenten und Sonstigem (Windeln, Handtüchern u.a.) versorgen.

In diesem Jahr hat die Präsidentenstiftung aus Moskau einen Teil der Kosten übernommen. Aber die Förderbedingungen schließen es aus, dass wir dort schon in diesem Jahr eine Weiterförderung beantragen können. Damit sieht es für unsere Arbeit in 2019 schon schlechter aus.

Die Situation kennt Ihr aus meinem letzten Brief.

Herzlichst, Irina

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